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Erbvertrag, erbvertragliche Bindung

Ein Testament oder einzelne in einem Testament getroffene letztwillige Verfügungen können jederzeit widerrufen oder geändert werden. Dies ist Ausfluss der grundgesetzlich geschützten Testierfreiheit. In der Praxis besteht jedoch häufig ein Bedürfnis, den Erblasser an seine letztwilligen Verfügungen zu binden, z. B. wenn Ehepartner gewährleisten wollen, dass nach dem Tod des letztsterbenden das beiderseitige Vermögen an die gemeinschaftlichen Kinder (und nicht an Dritte, insbesondere einen künftigen Ehegatten) übergehen soll. Eine solche Bindung ist im deutschen Recht im Gegensatz zu vielen anderen Rechtsordnungen im Rahmen eines Erbvertrags möglich.

Ein Erbvertrag muss notariell beurkundet werden; er kann vom Erblasser nur persönlich und nur bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden. Eine Stellvertretung ist also nur auf Seiten des Vertragspartners, der im Rahmen des Erbvertrags nicht letztwillig verfügt, zulässig.

Die Beurkundung eines Ehe- und Erbvertrags in einer Urkunde brachte in der Vergangenheit Kostenvorteile. Nach der früher geltenden KostO wurde die Beurkundungsgebühr nur einmal berechnet, und zwar nach dem Vertrag, der den höchsten Geschäftswert hatte. Mit Inkrafttreten des GNotKG ist diese Privilegierung entfallen.

In einem Erbvertrag können Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen vertragsmäßig bindend getroffen werden, andere Verfügungen wie z. B. die Anordnung einer Testamentsvollstreckung hingegen nur einseitig (und damit frei widerruflich). An die vertragsmäßig getroffenen Verfügungen ist der Erblasser dem Vertragspartner gegenüber gebunden, d. h. er kann diese Verfügungen grundsätzlich nicht einseitig widerrufen oder ändern. Es ist jedoch möglich, im Rahmen eines zwischen den Vertragspartnern geschlossenen Aufhebungsvertrags den Erbvertrag oder einzelne darin enthaltene vertragsmäßige Verfügungen aufzuheben. Auch der Aufhebungsvertrag muss notariell beurkundet werden und kann vom Erblasser nur persönlich und nur bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden. Nach dem Tode eines Vertragspartners kann die Aufhebung nicht mehr erfolgen. Ein zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern geschlossener Erbvertrag kann auch durch ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten oder Lebenspartner aufgehoben werden. Der Erblasser kann durch Testament eine vertragsmäßige Verfügung, durch die ein Vermächtnis oder eine Auflage angeordnet ist, mit Zustimmung des Vertragspartners aufheben; die Zustimmungserklärung ist unwiderruflich und bedarf der notariellen Beurkundung.

Der Erblasser kann vom Erbvertrag zurücktreten, wenn er sich den Rücktritt im Erbvertrag vorbehalten hat. Der Erblasser kann auch ohne Rücktrittsvorbehalt von einer vertragsmäßigen Verfügung zurücktreten, wenn die Verfügung mit Rücksicht auf eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Bedachten, dem Erblasser für dessen Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu entrichten, insbesondere Unterhalt zu gewähren, getroffen ist und die Verpflichtung vor dem Tod des Erblassers aufgehoben wird. Der Erblasser kann (ebenfalls ohne Rücktrittsvorbehalt) von einer vertragsmäßigen Verfügung zurücktreten, wenn sich der Bedachte einer Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen würde. In allen Fällen kann der Rücktritt nur durch den Erblasser persönlich, also nicht durch einen Vertreter erfolgen. Die Rücktrittserklärung muss notariell beurkundet werden und dem Vertragspartner (in Ausfertigung) zugehen.

Durch den Erbvertrag wird das Recht des Erblassers, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt. Dies bedeutet, dass der erbvertraglich bedachte Erbe oder Vermächtnisnehmer weder einen (künftigen) Anspruch noch eine rechtlich gesicherte Anwartschaft innehat. Allerdings darf der Erblasser zu Lebzeiten aus seinem Vermögen nicht ohne Weiteres Schenkungen vornehmen, sondern nur dann, wenn diese durch ein anzuerkennendes lebzeitiges Eigeninteresse gerechtfertigt sind. Hierzu ist – vereinfacht dargestellt – das Interesse des eingesetzten Erben an der Bindung gegen das Interesse des Erblassers an einer abweichenden Vermögensdisposition abzuwägen.

Um einen Erbvertrag abzuschließen, empfiehlt sich eine fachkundige Beratung. Als erfahrener Fachanwalt für Erbrecht berät Sie in unserer Kanzlei Dietmar C. Schilling auch zu den Vor- und Nachteilen dieses erbrechtlichen Instruments und entwirft Ihnen den passenden Erbvertrag, der Ihre Wünsche – sei es als Erblasser oder Vertragspartner – vollumfänglich berücksichtigt. Sie erreichen ihn über unser Kontaktformular, ebenso telefonisch oder persönlich an unseren Kanzleistandorten in Stuttgart und Tübingen.